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New Journalism 2030: Formen zwischen Reportage und Literatur : Sex, Drugs & News – Wie Autoren durch Selbstversuche und Storytelling die Medienwelt verändern

  • Zusammenfassung Journalismus lebt von Innovationen, die oftmals völlig unterschiedliche Ausgangspunkte haben (Hohlfeld, Meier & Neuberger, 2002). Zu den ersten, die die Bezeichnung „Neuer Journalismus“ erhalten haben, gehört zum Beispiel die Penny Press in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts (Park, 1960). Auch die Yellow Press erhielt im ausgehenden 19. Jahrhundert zunächst die Bezeichnung „New Journalism“ (Murphy, 1974). Neben solchen Entwicklungen ist das Label „Neuer Journalismus“ aber besonders für ein Genre der Berichterstattung reserviert: Es entfaltete sich in den 1960er und 1970er Jahren in den USA als Alternative zur objektiven Berichterstattung des Informationsjournalismus. „Neuer Journalismus“ meinte diesmal eine sehr persönliche Form journalistischer Darstellung: Lebensgefühl statt Fakten, innovative Erzähltechnik statt Nachrichtenwert (Hohlfeld et al., 2002). Das heißt, der sogenannte „New Journalism“ wich von der sonst üblichen journalistischen Praxis ab, indem er höchst subjektiv vorging und dabei verstärkt auf literarische Stilmittel zurückgriff, sich dabei dennoch an der Realität orientierte (Bleicher & Pörksen, 2004). Der „New Journalism“ kombiniert formal die klassische Reportage mit literarischen Narrationstechniken und umfassende Recherchen mit dramaturgischen Präsentationen. Das bedeutet, „neue Journalisten“ wie Tom Wolfe, Norman Mailer, Hunter S. Thompson und Truman Capote bewegten sich in einer Grauzone zwischen „Journalismussystem“ und „Literatursystem“, zwischen Fakten und Fiktionen (Weischenberg, 1995). Gedeutet wird diese Bewegung als Reflex junger Intellektueller auf gesellschaftspolitische Tendenzen der Nachkriegszeit (Tebbe, 1983) – die sozialen Proteste und Reformbewegungen sowie die sich anbahnende „Unordnung“ der beginnenden Beat- und Hippie-Ära (Haas & Wallisch, 1991). Innovativ war dieses Berichterstattungsmuster insofern, weil dessen Anhänger sich von den herkömmlichen sozialen und technischen Produktionsroutinen freimachten und ihrer eigenen Programmatik folgten. Das Konzept hieß „literarisches Storytelling“, verwendet allerdings im Sinn der journalistischen Reportage eines „tell it as you see it“ (Murphy, 1974). Darum wird der „Neue Journalismus“ im Vergleich zu Präzisionsjournalismus, Investigativem und Enthüllungsjournalismus als „weichste Form“ alternativer Berichterstattungsmuster betrachtet (Weischenberg, 1995). In Deutschland entwickelte sich eine abgeschwächte Form dieser Strömung ab den 1980er Jahren in den Zeitgeist-Magazinen Wiener und Tempo mit Autoren wie Markus Peichl, Matthias Horx, Christian Kracht und Helge Timmerberg. Das kunstvolle wie provokante Erzählen erhielt damit auch in Europa eine erhöhte Aufmerksamkeit. Ein Vierteljahrhundert später war es dann die Technik, die in Gestalt von Digitalisierung und weltweiter Vernetzung – Stichworte: „Multimedia“ und „Internet“ – einen qualitativen Entwicklungssprung ermöglichte. Erneut war die Rede von einem „Neuen Journalismus“ (Hohlfeld et al., 2002). Diese digitale Transformation gewann auch bei Journalisten der Popkultur neue Popularität, nämlich in ihrer Doppelrolle als Gegenstand und Autor. Diese Kombination hat inzwischen zu einer anerkannten, experimentellen Ausrichtung geführt, die häufig als journalistischer „Selbstversuch“ bezeichnet und für Experimente oder Selbsterfahrungsberichte genutzt wird. Mit dieser Form beschäftigt sich die vorliegende Masterarbeit. Der Titel „New Journalism 2030: Formen zwischen Reportage und Literatur“ ist daher bewusst gewählt. Auch der Untertitel „Sex, Drugs & News – Wie Autoren durch Selbstversuche und Storytelling die Medienwelt verändern“ hat einen entsprechenden Hintergrund. Die Studierende beschäftigt sich in der Masterarbeit grundsätzlich mit dem Thema „New Journalism“ und seinen speziellen Reportageformaten, vor allem auch mit Ausblick auf das kommende Jahrzehnt. Die Forschungen beinhalten unter anderem die aktuellen Aspekte der kreativen und ethischen Ausführung hinsichtlich einer freien Textgestaltung sowie die Aspekte der persönlichen Situation für das „Eintauchen“ in eine Story. Die US-Forschung spricht von „Immersion“ (Sims, 1984). Dieser Themenkomplex bezieht sich auf das Rollenverständnis, die Gefahrenpotentiale und den Selbstzweck solcher Ich-bezogenen Darstellungsweisen, die oftmals ein Grenzgang zwischen der objektiven und subjektiven Wahrnehmung sind. Zudem stehen die vielfältigen Aspekte der Kommunikation hinsichtlich multimedialer Umsetzung und technologischer Fortschritte im Augenmerk der Untersuchung, die letztendlich auch Einfluss auf die Marktfähigkeit haben. Das Fazit gibt Ausblicke auf die Chancen und Herausforderungen bis ins Jahr 2030, die dem sogenannten „Selbstversuch“ aufgrund eines ausgeprägten Storytellings womöglich eine neue Bühne geben und den „New Journalism“ erneut aufblühen lassen. Zur Erforschung dieses Themenkomplexes sind Experteninterviews mit den deutschsprachigen Autoren Thilo Mischke, Stephan Orth, Alex Rühle, Henning Sußebach, Meike Winnemuth und Rosa Wolff geführt worden. Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat seine Expertise der vorliegenden Masterarbeit exklusiv beigesteuert.

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frontdoor_oas
Metadaten
Author:Anja Damm
Referee:Thomas Hestermann
Advisor:Thomas Hestermann
Document Type:Master's Thesis
Language:German
Year of Completion:2018
Date of final exam:2018/02/02
Release Date:2022/06/10
Tag:Eintauchen; Geschichtenerzählen; Innovation; Neuer Journalismus; Selbstversuch
GND Keyword:Journalistik
Page Number:238
DDC classes:000 Allgemeines, Informatik, Informationswissenschaft / 070 Nachrichtenmedien, Journalismus, Verlagswesen
Licence (German):License LogoCreative Commons - CC BY-NC-ND - Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International